Biografie
Christian Petzold wurde am 14. September 1960 in Hilden als ältester von drei Söhnen geboren. Er wuchs in Haan auf, wo er das Gymnasium besuchte und 1979 sein Abitur machte. Nach dem Zivildienst zog Christian Petzold 1981 nach Berlin und nahm an der Freien Universität ein Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft auf.
Nach seinem Abschluss im Jahr 1989 studierte er an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb). Während des Studiums arbeitete Christian Petzold als Regie-Assistent bei Hartmut Bitomsky und Harun Farocki – der an allen späteren Spielfilmen Petzolds mitwirkte – und schrieb als Filmkritiker für verschiedene Publikationen.
Nach Kurzfilmen, darunter "Süden" und "Das warme Geld", drehte Petzold 1994 mit "Pilotinnen" seinen Abschlussfilm an der dffb. "Pilotinnen" entstand unter Beteiligung der Produktionsfirma Schramm Film Koerner & Weber, mit der Petzold auch zukünftig zusammenarbeitete.
Auf die von der Kritik gelobten Fernsehfilme "Cuba Libre" und "Die Beischlafdiebin" folgte 2000 die Kinoproduktion "Die innere Sicherheit". Neben dem Deutschen Filmpreis in Gold für den Besten Film erhielt das intensive Drama um eine junge Heranwachsende und ihre als Terroristen gesuchten Eltern zahlreiche weitere Auszeichnungen und etablierte Christian Petzold endgültig als einen der maßgeblichen Filmemacher im zeitgenössischen deutschen Kino.
2001 markierte der hochgelobte TV-Thriller "Toter Mann" die erste Zusammenarbeit des Regisseurs mit der Darstellerin Nina Hoss. Der Film wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis sowie dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. An der Seite von Benno Fürmann spielte Nina Hoss ebenfalls eine Hauptrolle in Petzolds nächster Kinoarbeit: 2003 gewann "Wolfsburg" bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den FIPRESCI-Preis und erhielt im selben Jahr auch den Adolf-Grimme-Preis in Gold.
Zu den ständigen kreativen Mitarbeitern Petzolds zählen neben Kameramann Hans Fromm die EditorinBettina Böhler, der Filmarchitekt K. D. Gruber sowie der Komponist Stefan Will. Das Team realisierte auch Petzolds "Gespenster", in dem Julia Hummer – die bereits in "Die innere Sicherheit" überzeugte – und Sabine Timoteo als verlorene Existenzen durch ein ebenso unwirtlich wie unwirklich erscheinendes Berlin streifen. "Yella" wiederum handelte von einer jungen Frau, die bei ihrem Bemühen um ein besseres Leben von der Vergangenheit eingeholt wird. In der Titelrolle brillierte erneut Nina Hoss, die 2007 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin als Beste Darstellerin den Silbernen Bären und den Deutschen Filmpreis 2008 erhielt.
Im Januar 2009 startete die schon vierte Zusammenarbeit mit Hoss: Im Dreiecksdrama "Jerichow" nach Motiven von James M. Cain stand sie zwischen den beiden Männern Benno Fürmann und Hilmi Sözer. Danach arbeitete Petzold bei dem Dreiteiler "Dreileben" mit Christoph Hochhäusler und Dominik Graf zusammen. Bei diesem ungewöhnlichen Projekt inszenierte jeder der Filmemacher in seinem ganz persönlichen Stil einen Teil der Krimi-Trilogie. Petzolds Beitrag mit dem Titel "Etwas Besseres als den Tod" feierte, ebenso wie die Filme von Graf und Hochhäusler, im Forum der Berlinale 2011 Premiere.
Im Jahr darauf wurde sein Film "Barbara" in den Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele eingeladen: für seine Regie bei dem Drama über eine Ärztin (einmal mehr: Nina Hoss) in der DDR, die in den Westen flüchten will, sich dann aber in einen Kollegen verliebt, erhielt Petzold hervorragende Kritiken – und am Tag der Preisverleihung den Silbernen Bären. Für den Deutschen Filmpreis 2012 wurde "Barbara" gleich achtmal nominiert, darunter als Bester Film, für das Beste Drehbuch und für die Beste Regie, und erhielt in der Kategorie Bester Film die Lola in Silber.
2013 zeichnete die Stadt Düsseldorf Petzold mit dem Helmut-Käutner-Preis aus, für "seine intellektuelle Brillanz und seinen Sinn für zupackende Geschichten", so die Begründung der Jury.
Beim Toronto Film Festival feierte im September 2014 "Phoenix" Premiere; das Drehbuch dazu war Petzolds letzte Zusammenarbeit mit dem im Juli 2014 verstorbenen Harun Farocki. Das Nachkriegsdrama bekam fast durchweg positive Kritiken und wurde international preisgekrönt, so etwa mit dem FIPRESCI-Preis beim San Sebastián International Film Festival; beim Deutschen Filmpreis erhielt Nina Kunzendorf die Auszeichnung als Beste Nebendarstellerin.
Danach drehte Christian Petzold zwei Folgen der TV-Krimireihe "Polizeiruf 110": "Kreise" (2015) und "Wölfe" (2016), beide mit Matthias Brandt als Hauptkommissar Hanns von Meuffels. Auch diese Filme wurden von der Kritik sehr positiv aufgenommen; für "Kreise" erhielt Petzold beim Deutschen Fernsehkrimipreis einen Regie-Sonderpreis.
Im Mai 2017 begann er dann mit den Dreharbeiten zu seinem nächsten Kinofilm: Das in Marseille gedrehte Drama "Transit", frei nach dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers, feierte im Wettbewerb der Berlinale 2018 Premiere. Für das Drehbuch zu "Transit" erhielt Petzold den Bayerischen Filmpreis; außerdem wurde er mit dem Julius-Campe-Preis für seine Verdienste um die deutsche Literatur geehrt, mit besonderem Bezug auf "Transit". Beim Neiße Filmfestival würdigte man ihn mit einer Auszeichnung für sein filmisches Schaffen.
Ebenfalls 2018 wurde Petzold in die in Los Angeles ansässige Academy of Motion Picture Arts and Sciences berufen, die unter anderem die Oscars vergibt.
Im Wettbewerb der Berlinale 2020 feierte Christian Petzolds nächster Spielfilm "Undine" Premiere, eine moderne Interpretation des Undine-Mythos; die Hauptrollen spielten wie schon bei "Transit" Paula Beer und Franz Rogowski. Nur wenige Wochen später, Ende März 2020, erhielt Petzold den Schillerpreis der Stadt Mannheim, welcher Persönlichkeiten ehrt, die "durch ihr Schaffen zur kulturellen Entwicklung in hervorragender Weise beigetragen haben".
Beim Deutschen Filmpreis und beim Europäischen Filmpreis 2020 war "Undine" jeweils unter anderem in der Kategorie Bester Spielfilm nominiert. Im Jahr darauf erhielt Christian Petzold für sein künstlerisches Schaffen den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz).
Im Wettbewerb der Berlinale 2023 feierte "Roter Himmel" Premiere, ein überraschend humorvoller Film über vier junge Menschen, die während eines heißen, trockenen Sommers in einem Ferienhaus an der Ostsee zusammentreffen. Im Vorfeld sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass "Roter Himmel" bei der Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis von der Jury übergangen worden war; die Internationale Jury der Berlinale hingegen zeichnete Petzold mit dem Großen Preis der Jury aus. Der offizielle Kinostart des Films erfolgte im April 2023.
Christian Petzold, der mit der Dokumentarfilmregisseurin Aysun Bademsoy verheiratet ist, lebt mit seiner Familie in Berlin-Kreuzberg.